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Unsere Sprachtrainer im Kreuzverhör
- 11. Juni 2013
- Gepostet von: meridian
- Kategorie: Allgemein
FOLGE 1
JEKATERINA – Russisch- und DaF-Trainerin
Liebe Jekaterina, wie lange unterrichtest du schon Russisch?
Ich unterrichte Russisch bereits seit 9 Jahren.
Was ist das Schöne an diesem Beruf?
Das Schöne an meinem Beruf ist jene Tatsache, dass ich mit Menschen arbeite. Jeder Mensch ist einzigartig. Eine enge Zusammenarbeit mit Menschen verschiedener Charaktere sowie sprachlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten stellt für mich eine berufliche Herausforderung im Aufbau jener Lehrer-Schüler-Beziehung dar, bei der jeder Kursteilnehmer, egal woher er kommt, was er ist und welche Ziele er hat, an Wissen gewinnt.
Welche Eigenschaft schätzt du besonders bei einem Kursteilnehmer / einer Kursteilnehmerin?
Besonders schätze ich an meinen Kursteilnehmern die Eigenschaft, nicht aufzugeben und nicht zu verzweifeln, egal wie schwierig es beim Erlernen solch einer grammatikalisch und lexikalisch komplizierten Sprache wie Russisch ist. Natürlich habe ich die Aufgabe, sie dabei zu unterstützen.
Gibt es bestimmte Momente im Unterricht, die du besonders interessant findest?
Manchmal ziehen meine Kursteilnehmer die für mich interessanten sprachlichen Parallelen zwischen Deutsch und Russisch, die ich dann beim Unterricht in anderen Gruppen gerne verwende.
Was gefällt dir an der russischen Sprache besonders?
Ha. Eine sehr komplizierte Frage. Ich nehme an, alles. Das ist eine wortschatzmäßig reiche Sprache – wie ein Fass ohne Boden.
Du sprichst ja auch perfekt und akzentfrei Deutsch. Wie kommt das?
Danke für das Kompliment. Ich bemühe mich natürlich, ein gutes gepflegtes Deutsch, das ich an der Linguistischen Universität in Moskau stu-diert habe, im Alltag zu gebrauchen. Es ist aber auch ab und zu lustig, das strenge Hochdeutsch mit ein paar Wiener Dialektlexemen, die ich im Laufe meines Lebens in Wien aufgeschnappt habe, zu versüßen. Was akzentfreies Sprechen angeht, so habe ich wahrscheinlich ein großes Glück. Um bestimmte Laute gut aussprechen zu können, muss man diese nicht nur gut hören, sondern auch die gesamte Mundmuskulatur für die Wiedergabe dieser Laute einsetzen. Bei jedem Volk ist die Mundmuskulatur unterschiedlich entwickeln, je nachdem, welche Muskeln es für das Sprechen braucht. Offensichtlich beherrsche ich es besser als manche Russischsprachigen, meine Mundmuskulatur bei der Bildung der deutschen Laute einzusetzen. Wenn ich aber müde bin, lässt meine deutsche Aussprache auch zu wünschen übrig.
Was ist deiner Meinung nach der größte Unterschied zwischen der deutschen und der russischen Sprache?
Das kann man natürlich mit einem Satz nicht beschreiben. Die größte Schwierigkeit bereiten meinen Landsleuten die Artikel „der/die/das“. Wir haben auch 3 Geschlechter – das ist aber eines der leichtesten grammatikalischen Themen. Das Geschlecht der deutschen Wörter stimmt zu 50% nicht mit dem Geschlecht der bedeutungsgleichen russischen Nomen überein. Zweite Schwierigkeit – die Verneinung der Verben, die erst zum Schluss kommt. Das ist irreführend. Man freut sich die ganze Zeit beim Zuhören, bis man ein „nicht“ zum Schluss hört. Toll! Und natürlich die trennbaren Präfixe der Verben. Ein Albtraum!!! An die denkt man nicht, auf die vergisst man regelmäßig, die ignoriert man sogar. Naja… Es gibt da noch etwas. Der Konjunktiv, den niemand außer Linguisten sprachlich richtig gebrauchen kann – eine so genannte viel versprechende österreichische höfliche Mentalität, an die ich mich nicht ganz gewöhnen kann…
Spiegelt dieser Unterschied ganz allgemein einen Kulturunterschied wider?
Tja… solche Vergleiche kann ich kaum anstellen. Dazu müsste ich mich mehr wissenschaftlich mit beiden Sprachen befassen. Ich kann nur sagen, dass der Konjunktiv im Russischen nicht willkommen geheißen wird. Das gilt sogar als unhöflich – stecken ja nur leere Versprechungen dahinter.
Hast du viel Kontakt zur russischen Kultur?
Ja, habe ich. Ich feiere sowohl russische als auch österreichische Feiertage. Ich habe einen russischsprachigen Freundeskreis. Ich fahre regelmäßig nach Russland, lese Bücher, Zeitungen und sehe fern. Beruflich darf ich den Kontakt zur russischen Kultur auf keinen Fall verlieren. Die Welt verändert sich täglich, auch die Sprache entwickelt sich weiter. Ich muss mich ebenfalls weiterbilden.
Was magst du an der Sprachschule Meridian?
Die Sprachschule ist inzwischen zu meiner zweiten „Familie“ geworden. Ich komme gerne hierher, weil ich weiß, dass ich gebraucht werde.
Was sind deine Hobbys?
Hobbys habe ich natürlich viele, Zeit dafür aber nicht. Ich lese gerne, spiele Klavier, treibe Sport.
Was gefällt dir an Wien?
Wien ist eine wunderschöne Kulturstadt. Wien ist sehr vielfältig, was die hier lebenden Menschen angeht. Ab und zu fasziniert mich auch das ruhige Tempo, mit dem die Wiener ihr Leben in allen Zügen zu genießen wissen. Das kann man mit dem Leben in Moskau nicht vergleichen.
Welchen russischen Roman (Novelle) würdest du jemandem empfehlen, der schon einigermaßen gut Russisch spricht?
Wenn man die Sprache gut beherrscht, kann ich alles empfehlen – je nachdem, was man gerne liest.